Massives Tierleid in Schweinezucht Sandbeiendorf

Beim Betreten der Schweineanlage stockt der Atem: Der Ammoniakgehalt in der Luft ist kaum zu ertragen, Millionen von Fliegen schwirren herum, Gestank von Verwesung, leidende Schweine wohin das Auge schaut und Milliarden von Maden in den Güllegruben unter den Schweinen. 65.000 Schweine stehen in der Schweineanlage von Harry van Gennip in Sandbeiendorf (Sachsen-Anhalt), Schwein an Schwein, Kastenstand an Kastenstand, Abferkelbox an Abferkelbox, Bucht an Bucht, die Kadavertonnen sind gefüllt mit toten Schweinen.

17. Dezember 2013, Sachsen-Anhalt

ARD Brisant berichtete am 17. Dezember 2013 mit aktuellem Videomaterial von Animal Rights Watch.

Strafanzeige mit  Folgen

Kurz nach der Wende kaufte van Gennip die stillgelegte DDR-Altanlage und nahm sie Anfang der 90er Jahre als größte Schweineanlage Europas wieder in Betrieb. Besonders brisant: der Niederländer will eine weitere Tierfabrik mit mehreren Zehntausend Schweinen in Haßleben / Uckermark in Betrieb nehmen. Die aktuellen Undercover-Aufnahmen belegen massenhaft tierschutzrechtliche Verstöße. Wir haben Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Magdeburg erstattet, weil die Schweine dort noch über das grausame „normale“ Maß hinaus leiden. Viele Zuchtschweine stehen dort in Kastenständen und Buchten, die so klein sind, das sie illegal sind, haben keinerlei Beschäftigungsmaterial, die Wasserversorgung ist mangelhaft oder nicht vorhanden. Animal Rights Watch fordert, dass die Strafanzeige wegen der tierquälerischen Zustände in Sandbeiendorf auch im Hinblick auf Haßleben Konsequenzen zur Folge haben und die Eignung van Gennips zum Betrieb von Schweineanlagen grundsätzlich in Frage gestellt werden muss.

Konsequenzen für van Gennip, die es ohne die Recherche von Animal Rights Watch nicht gegeben hätte, folgten jetzt: Bei einer auf die Anzeige hin stattfindenden unangemeldeten Kontrolle stellte das Veterinäramt Gesetzesverstöße in der Sandbeiendorfer Anlage fest. Ein Zwangsgeld wurde bereits erhoben. Der Antrag van Gennips, seine Schweinefabrik in Haßleben vorzeitig in Betrieb nehmen zu dürfen, wurde zurückgenommen.

Seit Jahren hat sich nichts geändert

Bereits vor einigen Jahren lieferte Animal Rights Watch einen erschütternden Einblick in die Schweineanlage van Gennips in Sandbeiendorf. Geändert hat sich an den Zuständen offenbar bis heute nichts. Die Filmaufnahmen aus Sandbeiendorf zeigten Tiere mit unversorgten Verletzungen, eine massive, quälende Fliegenplage, Maden direkt unter den Schweinen in den Güllegruben unter den Spaltenböden. Die Ställe dreckig und alt, die Stalleinrichtung stammt mitunter aus den 70er Jahren, als die Anlage gebaut wurde. „Das ist eine ganz normale Anlage, wo Tiere auf dem besten Niveau tierartgerecht gehalten werden“, so der Betriebsleiter in Sandbeiendorf, Jan Groen im Gespräch mit dem Vorsitzenden von Animal Rights Watch, Jürgen Foß. „Ich würde sagen, die Tiere fühlen sich wohl hier“.

Endgültiges Aus für Hassleben

Seit Bekanntwerden der Pläne des Niederländers, eine alte DDR-Schweineanlage im uckermärkischen Haßleben wieder in Betrieb zu nehmen formierte sich der Widerstand. Über 100.000 Schweine standen zu DDR-Zeiten in der Schweinefabrik in Haßleben. 1991 war Schluss damit: keine Schweine mehr, keine Gülle mehr. Der Einsatz der Mastanlagengegner zeigte über ein Jahrzehnt hinweg Erfolg. Der erste Antrag van Gennips für die Wiederinbetriebnahme, damals für 85.000 Schweine, wurde abgelehnt. Der Zweite ebenso. Beim dritten Versuch für 37.000 Schweineplätze hat das Landesumweltamt Brandenburg im Juni 2013 trotz aller Einwände die Genehmigung für die Tierfabrik erteilt. Doch der Widerspruch der Bürgerinitiative hatte Erfolg. Die Wiederinbetriebnahme der Mega-Schweinemastanlage in Haßleben ist seit Juli 2020 endgültig vom Tisch. Nicht Tierschutz- oder Umweltrecht waren dafür entscheidend, sondern schlicht das Bauplanungsrecht. Und Menschen, die dieses Recht in jahrelanger Arbeit gegen politische Interessen und Behörden durchgesetzt haben.

Stand: 12/2013 | Text: Animal Rights Watch e.V. | Bilder: Animal Rights Watch e.V.

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