Behörden “übersehen” erneut tierquälerische Zustände

Animal Rights Watch veröffentlichte 2015 Videomaterial, das qualvolle Verstöße gegen das Tierschutzgesetz und die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) in einer riesigen kombinierten Schweinezucht und -mast in Sachsen-Anhalt dokumentiert. Mit fast 40.000 Schweinen gehört die Anlage zu den größten Deutschlands. Die Tiere dort leiden in einer Weise, die wir Menschen uns kaum vorstellen können.

24. April 2015, Sachsen-Anhalt

MDR Exakt berichtete am 5. März 2015 mit aktuellem Videomaterial von Animal Rights Watch.

Illegal enge Kastenstände und mehr Straftaten

Wie in anderen dokumentierten Fällen werden auch in dieser Anlage die Sauen wochenlang bewegungslos in so kleinen Kastenständen fixiert, dass sie im Liegen nicht einmal ihre Beine ausstrecken können. Kastenstände weisen flächendeckend kein Trinkwasser für die durstigen Tiere auf. Eber werden gesetzeswidrig in körperenge Käfige gesperrt. An einigen Kastenständen können Kot und Urin nicht ablaufen, so dass sich die reinlichen Sauen mit ihren eigenen Exkrementen beschmieren müssen. Eine Jungsauenhalle ist rund um die Uhr neonhell erleuchtet – eine Methode, die bei Menschen zur Folter eingesetzt wird. Wie in so vielen anderen Anlagen auch häufen sich die Ordnungsverstöße hier derart, dass sich daraus Straftaten gegen das Tierschutzgesetz ergeben. Diese könnten problemlos mit einem Entzug der Tierhaltungserlaubnis oder gar mit Freiheitsstrafe bestraft werden.

Verstöße durch Veterinärbhörden bestätigt

Alle von ARIWA festgestellten Rechtsverstöße wurden bei einer anschließenden unangemeldeten Anlasskontrolle des Veterinäramts bestätigt. Bei Routinekontrollen in den Jahren 2011 bis 2013 attestierten die Behörden dagegen keine Mängel in der Schweineanlage. Dies geht aus einer aktuellen Antwort der Landesregierung Sachsen-Anhalts auf eine Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dorothea Frederking hervor. Dieser Fall verdeutlicht erneut, dass das derzeitige System ungeeignet ist, durch Routinekontrollen Rechtsverstößen im Tierschutzbereich Einhalt zu gebieten.

Mehr Kontrollen sind auch keine Lösung

ARIWA hält aber auch eine Verstärkung der Kontrollen, um die flächendeckende Einhaltung der Gesetze zu gewährleisten, für keine Lösung. Wie sollen die jetzt schon überlasteten Behörden das auch umsetzen? In dem aktuellen Fall waren 10 Veterinär*innen nötig, um die Rechtsverstöße festzustellen. Und selbst wenn die Einhaltung der niedrigen gesetzlichen Mindeststandards gewährleistet werden könnte, werden so nur die schlimmsten Leiden verhindert. Aber auch die gesetzeskonforme Tierhaltung ist mit massivem Leid und einem frühen, brutalen Tod für die betroffenen Tiere verbunden. Das kann keine Lösung sein.

Staatsanwaltschaften bagatellisieren Tierschutzverstöße

Obwohl das Veterinäramt nach einer Anlasskontrolle alle von ARIWA angezeigten teils erheblichen Verstöße gegen die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung bestätigte, zog es die Staatsanwaltschaft nicht einmal in Erwägung, diese tausendfachen Ordnungswidrigkeiten in der Summe auch als Straftat gegen das Tierschutzgesetz zu verfolgen. Dabei leiden die Tiere offensichtlich lang anhaltend und erheblich. Man mag sich nicht vorstellen, wie es ist, wochenlang in den engen Kastenständen noch nicht einmal seine Beine ausstrecken zu können.

Wir sollten ganz aufhören, Tiere einzusperren

Grausame Zustände werden in der deutschen Schweinehaltung regelmäßig angetroffen. Trotzdem wird jeder Betrieb, in dem TierschützerInnen dieses systematische Tierleid filmen, als „extremer Einzelfall” heruntergespielt. Mangelhafte oder fehlende Kontrollen führen dazu, dass Rechtsverstöße jahrelang nicht aufgedeckt werden. Nicht einmal die Größten der Branche werden so kontrolliert, dass sie sich wenigstens an die ohnehin viel zu großzügigen Tierschutzvorschriften halten. Und Staatsanwaltschaften stützen und legitimieren die brutale Tierproduktionsindustrie, anstatt ihre Möglichkeiten zu nutzen, gegen das immense Leid der Tiere vorzugehen.

Wir halten das Entstehen grausamer Zustände für unvermeidlich, solange Tiere in unserer Gesellschaft als Ware und Produktionsmittel gelten. Aus diesem Grund kann das einzig wirksame Mittel gegen Tierquälerei nur der Ausstieg aus der Nutztierhaltung und die Förderung pflanzlicher Alternativen und des bioveganen Landbaus sein.

Stand: 04/2015 | Text: Animal Rights Watch e.V. | Bilder: Animal Rights Watch e.V.

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