Konferenz für die Schließung aller Schlachthäuser

„Schließung aller Schlachthäuser“ ist 2018 nicht nur das Motto weltweiter Großdemonstrationen, sondern erstmals auch einer Tierrechtskonferenz in Bielefeld. Die Konferenz findet am Tag nach der dortigen Demo statt und befasst sich anhand von Vorträge, Film und Podiumsdiskussionen mit Fragen rund um Veganismus, Aktivismus und Tierrechte. Im Anschluss besteht die Möglichkeit zu weiterem Dialog und Vernetzung.

15. Juni 2018, Bielefeld

Konferenz zur Schließung aller Schlachthäuser

Der Einsatz für Tiere bestimmt das Leben vieler von uns. Nicht immer bleibt die Zeit, Aktivismus zu reflektieren. Andere sind noch ganz neu in der Tierrechtsbewegung oder haben gerade erstmals an einer Demo teilgenommen. Die Konferenz für die Schließung aller Schlachthäuser möchte Menschen mit unterschiedlichen Vorerfahrungen und Hintergründen zusammenbringen, Optionen des Aktivismus für Tierrechte ebenso vorstellen wie gesellschaftlich problematische Bilder von Fleisch und veganer Lebensweise.
Vor allem aber fragt sie: Wie können wir unseren Zielen näher kommen? Wie erreichen wir eine Welt ohne Schlachthäuser? Die Konferenz findet in zwei Hörsälen der zentralen Unihalle Bielefelds statt. In Hörsaal H2 wird der Themenbereich Gesellschaft und Veganismus im Vordergrund stehen, von einem Überblick über die Darstellung vegan und vegetarisch lebender Menschen in Film und Fernsehen bis zur Diskussion, ob vegan die Welt rettet oder unsere Bewegung ein erweitertes Zielkonzept braucht. In Hörsaal H3 dreht sich alles um Aktivismus: Lässt sich Vollzeitaktivismus realisieren? Was ist Guerillakommunikation? Und wie vereinbaren wir die linken Wurzeln unserer Bewegung mit der wichtigen Entwicklung hin zu mehr Offenheit für die Mitte der Gesellschaft?

Das Programm in Hörsaal 2 (Themenfeld Gesellschaft und Veganismus)

Das Fernsehen hat immer recht…

Es ist wohl jedem bewusst, dass diese Aussage falsch ist. Allerdings bilden die populären Medien die allgemeine Meinung. Deswegen lautet die Frage „Wie werden Vegetarismus und Veganismus in Film- Fernsehproduktionen dargestellt?“.

Die öffentliche Meinung wird sehr stark von populären Medien beeinflusst und Dinge, die hier als normal dargestellt werden, werden von der breiten Maße auch als so angesehen. Um ein Beispiel zu nennen die Figuren des Roger Murtaugh aus den „Lethal Weapon“-Filmen und der Lt. Uhura aus dem „Star Trek“-Filmen werden bis heute als wichtige Wegbereiter zur Gleichberechtigung der afroamerikanischen Bevölkerung in den USA betrachtet.
Aber wie ist die Weltsicht des Flimmerschirms, wenn es um Vegetarismus und Veganismus geht? Wie gehen simulierte Realitäten wie Scripted Reality und Soap Operas mit dem Thema um? Welchen Blickwinkel haben die oft allegorischen Welten von Sci-Fi- und Fantasyproduktionen auf uns als Bewusstessende? Welche Figuren ernähren sich ohne Tierleid und was sagt dass aus? Was wird positiv und was wird negativ dargestellt?
Und zum Schluss wollen wir noch den Blick in den Spiegel wagen. Wenn Veganer einen Film drehen, wie gehen wir dann mit der gegenüberliegenden Seite um?

Steven Burke ist seit 2015 in der Tierrechtsszene unterwegs und freut sich einen Beitrag zur 1. Konferenz für die Schließung aller Schlachthäuser leisten zu dürfen.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Tierausbeutung und stereotypen Geschlechterrollen? Ein tiefenkultureller Blick auf die Mensch-Tier-Beziehung gibt eine ähnlich eindeutige Antwort wie die Analyse gegenwärtiger Tierproduktwerbung: Ja!

Reaktionäre Vorstellungen vom Frau- und Mannsein gehen mit auffälliger Regelmäßigkeit mit der Reproduktion eines speziesistischen Weltbildes einher. Der Fleischkonsum wird zum Gradmesser der Männlichkeit, während Frauen damit zu kämpfen haben, dass ihnen das genuin Menschliche abgesprochen wird: Sofern sie nicht gleich gänzlich objektifiziert werden, werden sie als irrational, unvernünftig und affektiv stigmatisiert – tierlich eben. Warum ist das so? Und gibt es Wege, dieses Denkschema zu durchbrechen?

Kevin studiert Kulturpoetik, ist Aktivist beim Tierrechtstreff Münster und in weiteren emanzipatorischen Zusammenhängen und als Neo C. freischaffender Autor

Welchen Effekt haben Fleischalternativen aus Fleischfabriken? Haben Sie den derzeitigen Vegan-Boom herbeigeführt? Haben sie ihn nur verstärkt? Würde er ohne sie wieder in sich zusammenfallen? Oder haben sie gar nichts mit ihm zu tun? Sollte man Fleischfabriken durch den Kauf ihrer Produkte unterstützen? Wie viele Tiere rettet der Kauf einer veganen Wiesenhof-Wurst? Steigt die Rügenwalder Mühle wirklich aus dem Fleischgeschäft aus?

Diesen und weiteren Fragen ist Andreas Bender, langjähriger Veganer sowie Gründer und Inhaber der veganen Werbeagentur und Druckerei voice-design | Werbung, Design & Druck, nachgegangen und präsentiert am 1. Juli bei der Konferenz für die Schließung aller Schlachthäuser seine Ergebnisse.

Es handelt sich hierbei um einen Ausschnitt aus seinem üblichen Vortrag “Von ethischer Verantwortung und Greenwashing – oder: Wie wir alle die Welt verändern können”, den er bereits in Saarbrücken, Köln, Mannheim, Hannover, Darmstadt, Geislingen und Essen hielt, jedoch stets aktualisierte. Und auch, wer seinen Vortrag auf den Vegan Street Day in Stuttgart und Dortmund oder dem Vegan am Haverkamp in Münster verfolgt hat, wird in Bielefeld wieder Neues erfahren.

Vegan leben oder Veganismus vermitteln: Reicht das aus, um das Leiden und Sterben der Tiere durch den Menschen mittelfristig abzuschaffen oder welche weiteren Konzepte brauchen wir vielleicht? Es diskutieren Jascha Manthei (Direct Action Everywhere), Maribel Rico (TIA – Tierschutz in Aktion), Jean-Luc Chastenier (VENGA) und Andreas Bender (Voice Design). Moderation: Manuel Wetzig (ARIWA)

Das Programm in Hörsaal 3 (Themenfeld Tierrechte und Aktivismus)

Für viele Tierrechtsaktivist*innen hat der Kampf für Tierrechte eine hohe Priorität im Leben. Eigentlich wäre es doch toll, sich vollzeit dem zu widmen, in dem man wirklich Sinn erkennt – dem Aktivismus… Wenn da nur nicht die gesellschaftlichen Zwänge wären, sich der wirtschaftlichen Verwertungslogik unterwerfen zu müssen, zu studieren oder einer Lohnarbeit nachzugehen.
Was würdest du mit deinem Leben anstellen, wenn Geld keine Rolle spielt? Viele Aktivist*innen würden dann wohl die Lohnarbeit gegen den Aktivismus tauschen.

In einem kurzen philosophischen Input widmen wir uns den Fragen “Was es braucht es, um die ausgetretenen Bahnen der Gesellschaft zu verlassen und eigene Wege zu finden? Was sind Möglichkeiten, die andere schon vorleben? Was sind aber auch die Grenzen z. B. durch unsere Sozialisation?” Danach werden wir uns ein paar Lösungen anschauen, wie andere Aktivist*innen es geschafft haben ihr Leben so selbstbestimmt wie möglich zu gestalten und den Aktivismus in den Fokus ihres Lebens zu rücken.

Womit der Workshop nicht dienen kann sind Patentlösungen, wohl aber mit Impulsen für selbstbestimmte aktivistische Lebensentwürfe und Raum eure Gedanken mit anderen zu dem Thema zu teilen.

Scarlett ist selbst Vollzeitaktivistin und unter anderem Organisatorin der Schulprojekttage Monokulturen, Mastanlagen, Mahlzeit.

Wie können wir offen für die Mitte der Gesellschaft sein und gleichzeitig den linken Wurzeln unserer Bewegung treu bleiben? Zu diesem Thema diskutieren Kevin Pottmeier (Tierrechtstreff Münster), Dennis Michaelis (Anonymous for the Voiceless), Tom Zimmermann (Tierbefreiungsarchiv) und Ute Esselmann (VENGA). Moderation: Simon Anhut (ARIWA)
Es gibt unzählige Möglichkeiten, für Tiere aktiv zu werden. Dieser Vortrag wird eine ganze Reihe davon vorstellen, dabei auch einen Blick auf internationalen Aktivismus werfen und sich schließlich mit der Frage befassen, wonach wir Aktionsformen und Inhalte auswählen können. Ein Plädoyer wird dabei sein, den Aktivismus für Hühner und Fische zu stärken.

Von den rund tausend Tieren, die der Deutsche im Leben verspeist, sind 900 Hühner. Fische sind dabei noch gar nicht enthalten. Sie machen nochmals ein Vielfaches an Opfern aus. Lange wurden Fische in der Tierrechtsbewegung vernachlässigt und auch Hühner könnten mehr im Fokus stehen. Manche Aktive scheuen das Thema Fische, weil sie selbst nicht genug darüber wissen oder halten die Empathie für Schweine für leichter zu wecken als die für Hühner.

Simon Anhut, Kampagnenkoordinator bei Animal Rights Watch und Student der Erziehungswissenschaft, stellt von Hintergrundwissen über Fische bis zu Erfahrungsberichten über Aktionen für Hühner die Grundlagen für erfolgreiche Aktionen zusammen und argumentiert, warum Aktivismus für diese Tiere zielführender für die Etablierung von Tierrechten sein könnte als Empathie für Schweine und Rinder.

Wenn sprechende Barbie-Puppen plötzlich militärische Kommandos von sich geben und Kriegsspielzeug-Puppen „Ich will mit dir shoppen.“ sagen. Wenn der Wert eines Aktienunternehmens um 2 Milliarden Dollar, nach nur einem Interview, fällt. Wenn es eine kopierte Kampagne für 100 Euro schafft, erfolgreicher zu sein als die Original-Kampagne für 10 Millionen Euro… Dann war Kommunikationsguerilla im Spiel.

Immer wieder nutzen die verschiedensten Bewegungen Kommunikationsguerilla, um ihre Themen in die Medien zu bringen. Wir wollen uns einige kreative Aktionen anschauen, um einen Überblick zu bekommen, was alles theoretisch möglich ist, aber auch um zu analysieren, wie sie funktionieren.

Manuel Wetzig bringt als Medienverantwortlicher von ARIWA und Ortsgruppensprecher von ARIWA Hannover reichlich Erfahrungen aus den Bereichen Medien und kreativer Aktivismus mit, beiden Welten also, die auch als Grundlage des Kommunikationsguerilla fungieren.

Über ein Jahr dauerte der Prozess gegen 13 Tierschützer, die nach Paragraf 278a, dem sogenannten Mafia-Paragrafen, angeklagt wurden. Den NGO-Aktivisten wurde die Bildung einer kriminellen Organisation vorgeworfen; am Ende freigesprochen, aber vor dem finanziellen Ruin. Handelte es sich um einen Musterprozess gegen zivilen Ungehorsam? Der Filmemacher Gerald Igor Hauzenberger begleitete einen der größten Prozesse Österreichs mit der Kamera.

Abends möchten wir mit euch bei veganem Essen weiter über die aufgeworfenen Themen debattieren, uns vernetzen und den Tag ausklingen lassen.

Stand: 10/2018 | Text: © Animal Rights Watch e.V. | Bilder: © Animal Rights Watch e.V. | M.studio fotolia.com

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