Sau im Kastenstand
Tierschutzverbandsklage

Mit der Tierschutzverandklage kann die Tierfeindlichkeit des Systems sichtbar gemacht werden.

Die Verbandsklage als Instrument der Tierrechtsbewegung

Von 2013 bis 2018 war ARIWA in Nordrhein-Westfalen für das Tierschutz-Verbandsklagerecht anerkannt und konnte somit im Namen der Tiere deren Interessen vor Gericht und gegenüber den Behörden vertreten. Den Rahmen dieser Möglichkeit bildete das geltende Recht, konkret also das Tierschutzgesetz (TierSchG) mit seinen Umsetzungsverordnungen. Persönliche Rechte für Tiere sind dort nicht vorgesehen. Dennoch gibt es Ansatzpunkte, um die Verbandsklage als Instrument im Sinne der Befreiung der Tiere aus den bestehenden Nutzungsverhältnissen einzusetzen.

Grundsätzlicher Fehler im System

„Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen“, heißt es in § 1 TierSchG. Dass genau dies aber zigmillionenfach an der Tagesordnung ist, lässt sich nicht mit bloßem „Verbesserungsbedarf“ erklären, sondern nur mit einem grundsätzlichen Systemfehler: Die rechtliche und praktische Umsetzung des Tierschutzgesetzes ist nicht an den tatsächlichen Interessen der Tiere ausgerichtet, sondern an dem Ziel, sie wirtschaftlich zu nutzen. Sie widerspricht damit dem ebenfalls in § 1 formulierten Zweck des Gesetzes, das „Leben und Wohlbefinden [der Tiere] zu schützen“, indem sie ihn von vornherein relativiert.

Die Tierfeindlichkeit des Systems sichtbar machen

Dieser von allen Beteiligten stillschweigend akzeptierte Widerspruch durchzieht das gesamte System der Tiernutzung und lässt sich daher an vielen Stellen aufzeigen. Mithilfe des Verbandsklagerechts machten wir fallbezogen sichtbar, wie sich Rechtsvorschriften widersprechen, wie geduldete Praktiken von den geltenden Rechtsnormen abweichen und wie die Tierindustrie damit tagtäglich systematisch gegen die grundlegenden Bedürfnisse der Tiere verstößt. Das Ziel war dabei nicht, eine geringfügige Verbesserung der Haltungsbedingungen herbeizuführen – auch wenn diese als Nebeneffekt eintreten mag. Keine reformistische Maßnahme kann die grundlegende Widersprüchlichkeit des Systems auflösen und das Leid der Tiere beenden (mehr dazu hier). Das Ziel war vielmehr, diese Widersprüchlichkeit offenzulegen und die Tierfeindlichkeit des Systems sichtbar zu machen. Dadurch werden sich mehr und mehr Menschen auf Dauer dem System der Tiernutzung entziehen. Zugleich schaffen wir damit in verschiedenen Sparten der Tierindustrie Präzedenzfälle, die das bestehende System erheblich schwächen und Tiernutzung konkret verhindern können.

Die Tierfeindlichkeit des Systems sichtbar machen

Ein gutes Beispiel ist die Kastenstandhaltung von Zuchtsauen: Vorgeblich dient sie dem Schutz der Tiere vor Verletzungen, tatsächlich aber einer effizienteren Kontrolle der deshalb fast bis zur Bewegungsunfähigkeit fixierten „Produktionseinheit“ Sau. Mit dem Einsatz gegen die Realität der Kastenstände wollte ARIWA deren zentrale Bedeutung für das heutige System der Schweinezucht deutlich machen und die krasse Diskrepanz zwischen gesetzestheoretischem Anspruch und praktischer Realität ins öffentliche Bewusstsein bringen. Bereits im Vorfeld der eigentlichen Klage hatte unser Engagement in Sachen Kastenstandhaltung dazu geführt, dass wegen der unklaren Rechtslage viele Neubau- und Erweiterungsanträge für Schweinezuchtanlagen in Nordrhein-Westfalen auf Eis lagen und somit auf unbestimmte Zeit verhindert wurden. Gewinnen wir die Klage in unserem Sinne, so wird dies, neben der beträchtlichen Öffentlichkeitswirkung, sehr wahrscheinlich eine direkte Verringerung der Zahl an Schweinezuchtanlagen in Nordrhein-Westfalen zum Ergebnis haben – mit Aussicht auf ähnliche Folgen in anderen Bundesländern.

Text: © Animal Rights Watch e.V. | Bilder: © Animal Rights Watch e.V.

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