
Der Joghurt mit der Kette
Wie Molkerei Müller von extremer Tierquälerei profitiert
ARIWA liegen Aufnahmen aus bayerischen Ställen vor, die zeigen, wie Kühe offenbar ganzjährig in Anbindehaltung fixiert sind – am Hals festgekettet und unfähig sich umzudrehen. Ein Tier ist sichtbar verletzt, geschwächt und wirkt apathisch. Andere stehen reglos in verdreckten Stallungen und können rund um die Uhr nur eine kahle, schmutzige Betonwand einen halben Meter vor ihrem Kopf anstarren.
Bereits ab einem Alter von sechs Monaten dürfen Rinder dauerhaft angebunden werden – auch sogenannte Milchkühe und Mastrinder. Das ARIWA vorliegende Material zeigt Tiere, die am helllichten Tag und mitten im Sommer fixiert sind – ein drastischer Widerspruch zu dem, was viele Verbraucher*innen glauben. Denn noch immer herrscht die Vorstellung, dass Anbindehaltung nur über Nacht oder im Winter erfolgt – während die Tiere tagsüber auf grünen Wiesen weiden. Die Realität sieht anders aus. Diese Fesselung führt zu gravierenden Leiden: schmerzhafte Liegeschwielen, entzündete Gelenke, Lahmheit. Die Euter der auf maximale Milchleistung gezüchteten Kühe sind unnatürlich groß. Viele leiden an Mastitis, einer schmerzhaften Euterentzündung, die häufig zum frühzeitigen Tod führt. Durch ständiges Melken und Liegen auf verkoteten Flächen gelangen Krankheitserreger leicht in das Euter. Nasse, glitschige und mit Gülle verschmutzte Böden verursachen zusätzlich Bein- und Klauenkrankheiten. Unter natürlichen Bedingungen könnte eine Kuh 20 bis 30 Jahre alt werden – doch das Leben einer heutigen sogenannten Milchkuh endet meist schon nach vier bis fünf Jahren als „unproduktiv“ im Schlachthof.
Das Material stammt aus vier Betrieben – wie groß muss erst das Leid der Dunkelziffer sein?
Diese Haltung ist nicht nur extrem tierquälerisch, sie ist in Deutschland bis heute legal. Jede zehnte Kuh lebt in Deutschland weiterhin unter solchen Bedingungen – sogar auf Biobetrieben.
Und Molkerei Müller profitiert direkt davon.
Anbindehaltung: legalisiertes Extrem
Ein Leben auf demselben Fleck bedeutet für Tiere, die eigentlich kilometerweit wandern würden, unbeschreibliches Leid. Fixiert am Hals, ohne jegliche Möglichkeit zur Bewegung: kein Schritt nach rechts oder links, kein Umdrehen, keine Körperpflege, keine soziale Interaktion. Die Kuh wird zur reinen Produktionsmaschine reduziert – ihr Körper vollständig vereinnahmt, kontrolliert und ausgebeutet.
Ständige Schwangerschaft, gewaltsame Trennung von den Kälbern, systematisches Auspressen der Milch: Die sogenannte Milchkuh ist das sichtbarste Beispiel für die strukturelle Ausbeutung weiblicher Körper. Die Anbindehaltung bringt diese Gewalt auf den Punkt: Nicht nur physisch gefesselt, sondern sozial isoliert, funktionalisiert und entwürdigt. Das ist keine „Landwirtschaft“. Es ist Ausdruck eines Denkens, das Fürsorge durch Funktionalität ersetzt, Würde durch Nutzung und Leben durch Profit.
Politik und Milchlobby blockieren Systemwandel
Selbst ein Gesetzesentwurf von 2023, der ein Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung erst in zehn Jahren vorsah, wurde nicht umgesetzt. Der Entwurf wurde im Januar 2023 vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft unter Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) eingebracht. Geplant war, die ganzjährige Fixierung von Rindern bis spätestens 2033 auslaufen zu lassen – ein schrittweiser Ausstieg mit großzügigen Übergangsfristen.
Doch der Vorschlag scheiterte im Bundesrat unter anderem am Widerstand der unionsgeführten Länder wie Bayern. Die Begründung: zu hohe Belastung für die Betriebe und fehlende Umsetzbarkeit. Mit Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) ist selbst dieses Minimum nun endgültig vom Tisch. Die Politik schaut weg – und die Industrie nutzt das aus.
In der Vergangenheit haben wir bereits über eine Petition informiert, mit der Garmisch-Partenkirchen aufgefordert wurde, den Passus zur Kombinationshaltung aus seiner UNESCO‑Bewerbung zu streichen. Dies ist geschehen – allerdings bleiben wir dabei: Anbindehaltung ist keine Kulturerbepflege, sondern Tierleid.
Politisch bleibt Bayern auf Rückzug – ein Gesetzsentwurf von 2023 scheiterte. Die Behauptung, solche Haltungsformen litten nur in Einzelfällen oder ‚im Winter‘, greifen wir weiterhin an.
- ARIWA setzt sich mit Undercover-Recherchen, Demonstrationen, veganen Straßenfesten und Ortsgruppen in ganz Deutschland für Tierrechte und eine vegane Lebensweise ein.
Redaktioneller Hinweis:
Die korrekte Firmenbezeichnung lautet „Molkerei Alois Müller GmbH & Co. KG“. Müllermilch ist lediglich eine Produktmarke des Unternehmens. Wir verwenden den Begriff „Müllermilch“, da er in der Öffentlichkeit geläufiger und leichter wiederzuerkennen ist.
Text: Animal Rights Watch e.V. | Bilder: Animal Rights Watch e.V.
