
Tierrechte und Speziesismus
Willkürliche Kategorien
Tiere werden in unserer Gesellschaft nach ihrer Nützlichkeit eingeteilt: „Versuchstiere“ dienen dem wissenschaftlichen Fortschritt, „Zirkustiere“ unterhalten, „Nutztiere“ produzieren Milch, Fleisch oder Eier und „Haustiere“ sind zum Kuscheln da. Diese Kategorien haben keinerlei biologische Grundlage. Sie verdeutlichen stattdessen den willkürlichen menschlichen Nutzungsanspruch gegenüber Tieren: von ökonomischer Verwertbarkeit bis zu sozialer Nützlichkeit.
System Nutztierindustrie
Die zugeschriebenen Kategorien entscheiden über das Leben der entsprechenden Tiere. „Nutztiere“ zum Beispiel sind ihr gesamtes Leben unermesslicher Gewalt ausgesetzt. Schweine, Kühe und Hühner leben typischerweise dicht gedrängt in riesigen Ställen, auf maximale „Leistung“ gezüchtet und an die Haltungsform angepasst: Kastration, Schnabelkürzen, Enthornen oder Zähne schleifen sorgen für eine möglichst reibungslose Produktion. Auftretende Probleme werden mit Antibiotika gelöst. Alle Tiere werden zum ökonomisch sinnvollsten Zeitpunkt, nach einem Bruchteil ihrer Lebenserwartung, getötet.
Speziesismus
Gerechtfertigt wird die sinnlose – sind doch Fleisch, Milch und Eier ernährungsphysiologisch unnötig – Ausbeutung von „Nutztieren“ durch eine hierarchische Weltanschauung, die den Menschen als Krone der Schöpfung versteht. Diese Diskriminierung aufgrund der Artzugehörigkeit wird als „Speziesismus“ bezeichnet. Gemäß der speziesistischen Logik ist der Mensch allen anderen Arten überlegen und darf deshalb Tiere ausbeuten.
Der Speziesismus steht in einer Reihe mit anderen „-ismen“ wie Rassismus und Sexismus, also der Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe oder Geschlecht. All diese „-ismen“ haben gemein, dass eine privilegierte Gruppe willkürlich ein Kriterium definiert, das die Ungleichbehandlung legitimieren soll.
Wir brauchen Tierrechte
Die Tierrechtsbewegung will die Gewaltkultur gegen Tiere überwinden und kämpft als soziale Bewegung für die Anerkennung unveräußerlicher Grundrechte (wie z.B. das Recht auf Leben, Freiheit und Unversehrtheit) für Tiere – ebenso wie für Menschen – und die Befolgung ethischer Grundsätze beim Umgang mit Tieren. Welche Grundrechte welchen Tierarten zugesprochen werden, variiert zwischen verschiedenen Positionen und tierethischen Konzepten.
Abgrenzung zum Tierschutz
Dabei grenzt sich die Tierrechtsbewegung vom Tierschutz ab, der das Ziel hat, Tieren ein artgerechtes Leben ohne unnötige Leiden, Schmerzen und Schäden zu ermöglichen. In der Politik benennt der Begriff „Tierschutz“ die Gesamtheit der gesetzlichen Maßnahmen zum Schutz von Tieren vor Quälerei, Aussetzung oder Tötung ohne „vernünftigen Grund“. Tierschutz schließt jedoch im allgemeinen Verständnis – im Gegensatz zum Tierrecht – die Nutzung der Tiere nicht aus.
Weiterführende Literatur:
- Hilal Sezgin: Artgerecht ist nur die Freiheit
- Friederike Schmitz: Sammelband „Tierethik“
- Friederike Schmitz: Tierethik – kurz und verständlich
- Matthias Rude: Antispeziesismus
- Gerechtigkeit für Tiere – Gesellschaftliche Tierbefreiung
- Sue Donaldson, Will Kymlicka: Zoopolis – Eine politische Theorie der Tierrechte
- Deklaration von Montreal über die Ausbeutung von Tieren
- Cambridge Declaration on conciousness
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Text: © Animal Rights Watch e.V. | Bilder: © Animal Rights Watch e.V.
