Stadttauben
Stadttauben

Tauben wohnen in allen größeren Städten unter uns. Ihre Lebensbedingungen werden weitgehend vom Menschen bestimmt. Sie sind verwilderte Haustiere, womit wir Menschen für sie verantwortlich sind.

Stadttauben – Heimatlos, gehasst und krank

In allen größeren Städten zählen verwilderte Taubenschwärme zu den vertrauten Bewohner*innen. Im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Meinung sind die Tauben in unseren Städten aber weder Wildtiere noch eine eigene Tierart. Sie sind verwilderte Haustiere und stammen von entflogenen Rasse- und Brieftauben ab.

Die Stammform der heutigen Rasse- und Brieftauben und somit der Stadttauben ist die Felsentaube (columba livia). Die Stadt ist zum Lebensraum für die Tauben geworden, da sie wie ihre wilden Verwandten auf felsenartige Örtlichkeiten angewiesen sind: In der Stadt bauen sie ihre Nester gerne unter Brücken oder Hausüberständen, sitzen bevorzugt auf Dächern, Mauervorsprüngen und Fenstersimsen. Sieht man Tauben auf Bäumen, handelt es sich in der Regel um Wildtauben, wie z.B. die Ringeltaube. Stadttauben sind übrigen keine “Schädlinge” nach dem Bundesseuchengesetz. Von ihnen gehen nicht mehr gesundheitliche Gefahren aus als von anderen Vögeln und Heimtieren auch (Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz Berlin, 1998).

Wissenswertes

Verirrte und erschöpfte Brieftauben bilden vielerorts den größten Anteil bei der Zuwanderung, was angesichts von allein zum Verband Deutscher Brieftaubenzüchter gehörenden 64.000 Brieftaubenzüchtern in ca. 8.000 Brieftaubenzuchtvereinen in Deutschland, die etwa 10 Mio. Tauben halten, nicht verwundert. Das sogenannte „Taubenproblem“ in unseren Städten ist also menschengemacht: Durch Taubenzüchter, allen voran denjenigen, die Tauben als Sportgeräte nutzen und die Tiere zu „Wettflügen“ durch halb Europa karren. Viele dieser Tauben bleiben dabei auf der Strecke, schaffen es nicht mehr zurück in den heimischen Taubenschlag – und werden zur „Stadttaube“, sofern sie die unfreiwilligen Reisen überhaupt lebend überstehen.

Die „Taubensportler*innen“ nehmen billigend in Kauf, dass die Tiere nach den Wettflügen nicht mehr nach Hause kommen. Auch die Verfahrensweise mit auf der Strecke gebliebenen, erschöpften, verunfallten und kranken Tieren ist oftmals unverantwortlich: Landen solche Tauben, die aufgrund ihrer Beringung ihren Haltern zuzuordnen sind, bei Tierschützer*innen, verweigern die Taubenhalter*innen nicht selten eine Rücknahme ihrer Tiere.

Die Tauben, die so unfreiwillig zu „Stadttauben“ werden, haben mit vielen Problemen zu kämpfen: Die Suche nach Nahrung in den Städten ist schwierig, so dass sie sich hauptsächlich von menschlichen Abfällen, die vor Imbissbuden oder Bäckereien anfallen, ernähren müssen, um zu überleben. Dies ist alles andere als eine artgerechte und gesunde Ernährung für die Vögel. Dadurch werden die Tauben dauerhaft krank und können bei hoher Populationsdichte auch Erreger über ihren Kot verbreiten. Auch die Suche nach Schlaf- und Nistplätzen ist oft gefährlich. Tauben brüten oft unter Brücken oder ähnlichem. Zum Nestbau suchen die Stadttauben alles zusammen, was sie am Boden finden können. verletzte Krallen Oftmals handelt es sich dabei um Schnüre aus Nylon oder anderem festen Material, welches den Tauben die Füße und Zehen abschnürt. Dies ist ein Grund für die vielen verstümmelten Tauben in der Innenstadt, welche nicht selten qualvoll daran sterben. Weitere Verstümmelungen entstehen, wenn die unerfahrenen Jungtiere versuchen, auf den messerscharfen „Taubenabwehrvorrichtungen“ zu landen, wie sie heute an vielen Gebäuden angebracht sind. Viele Einzelhändlerinnen und Gebäudeinhaber greifen zu Abwehrvorrichtungen durch sogenannte Spikes, um die Tauben und vor allem ihren Kot von den Fassaden fernzuhalten – mit eher mäßigem Erfolg.

Die Taubenpopulation sinkt auch durch Krankheiten und Abwehrmaßnahmen nicht – auch Fütterungsverbote, wie sie in den meisten Städten herrschen oder brutale Maßnahmen wie Tötungsaktionen mit Jagdfalken reduzieren ihre Zahl nicht. Tauben sind emsig, was die Vermehrung angeht. Und der fortwährende „Zuzug“ neuer Brief- und Rassetauben, welche sich in den Städten ansiedeln, sorgt für stetigen „Nachschub“. Daher greifen Tierschutzkonzepte wie die Errichtung von betreuten Taubenschlägen, die in vielen Städten angewandt werden, auch nur bedingt in Sachen „Populationskontrolle“. Der Vorteil solcher Konzepte: Die Tauben können medizinisch betreut und gesund ernährt und Gebäudeinhaber*innen und andere „kotgeplagte“ Menschen vor einem großen Teil des Taubenkotes bewahrt werden. In den Taubenschlägen findet eine dauerhafte „Geburtenkontrolle“ statt – durch den Austausch der Gelege mit Gipsattrappen, was einem weiteren Populationsanstieg vorbeugen soll.

An allen Kosten für Maßnahmen, die dem Schutz oder der Abwehr der Tauben gelten, werden die Verursacher*innen des Problems – nämlich die Brief- und Rassetaubenzüchter*innen – nicht beteiligt. Ebenso wenig, wie sie bislang überhaupt weder politisch noch gesellschaftlich für das „Taubenproblem“ in den Städten verantwortlich gemacht werden. Ein Verbot des Aussetzens von Tauben – denn nichts anderes stellen die „Wettflüge“ der Taubenzüchterinnen und Tauben-„Sportler“ dar – ist aus Tierschutzsicht lange überfällig.

Stand: 03/2020 | Text: © Animal Rights Watch e.V. | Bilder: © Animal Rights Watch e.V.

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