Grausam, aber nicht verboten: „Anbindehaltung” in Deutschland

Bundesweit leben etwa 1,1 Million Rinder in der sogenannten „Anbindehaltung”. Jedes zehnte Rind ist davon betroffen, vor allem in kleineren Betrieben – auch mit Bio-Siegel. Was diese „Anbindung” für die betroffenen Kühe in der Milchindustrie bedeutet, zeigt aktuelles Videomaterial aus neun Betrieben in Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen, das Animal Rights Watch (ARIWA) veröffentlicht.

26. März 2019, Deutschland

ARD Fakt berichtete am 26. März mit aktuellem Videomaterial von Animal Rights Watch.

Kühe vegetieren angebunden auf ihren eigenen Exkrementen dahin

Mit einer kurzen Kette, einem Strick oder Eisengestänge am Hals fixiert, haben Rinder in „Anbindung” so wenig Bewegungsspielraum, dass sie sich gerade einmal hinlegen und wieder aufstehen können. Monatelang, oft sogar jahrelang stehen sie praktisch bewegungslos auf einer Stelle. Sie sehen keine Weide und haben auch sonst nicht die geringste Abwechslung. Durch die Bewegungslosigkeit werden die Tiere zudem krankheitsanfällig und verwahrlosen auch äußerlich. Sie liegen in ihren eigenen Exkrementen, der Kot ist teilweise zentimeterdick am Hinterleib der Tiere festgetrocknet. Das Liegen in den eigenen Exkrementen kann langwierige und schmerzhafte Eutererkrankungen und Hautreizungen verursachen. Stroh oder eine weiche Liegematte sucht man oft vergeblich. Das Liegen auf dem harten Boden verursacht Schwellungen und Verletzungen an den Gelenken. In zwei von neun dokumentierten Betrieben wurden sogar angebundene Kälber vorgefunden, was nach der Tierschutz-Nutzierhaltungsverordnung verboten ist.

Ein Verbot scheitert an der Lobby

Auch bei erwachsenen Tieren widerspricht die „Anbindehaltung” eindeutig dem Tierschutzgesetz, trotzdem ist sie erlaubt. Alle Verbots-Bestrebungen sind bisher gescheitert. Der Bundesrat hat die ganzjährige „Anbindung” bereits 2016 als tierschutzwidrig eingestuft. Ein Verbot scheiterte am Bundeslandwirtschaftsministerium. Im Mai 2018 sprachen sich Molkereiunternehmen aus Bayern und Baden-Württemberg in einem Positionspapier für den Ausstieg aus der ganzjährigen „Anbindung” bis 2030 aus.

„Anbindehaltung” nicht alleinige leidvolle Praktik

Ob ganzjährig oder nicht, ob erlaubt oder verboten: Die „Anbindehaltung” zählt zu den leidvollsten Praktiken der Milchindustrie, sie ist jedoch bei Weitem nicht die einzige. Kuhmilch bedeutet immer großes Tierleid. Denn um Milch zu produzieren, müssen Kühe Jahr für Jahr ein Kalb zur Welt bringen, das ihnen nach jeder Geburt gewaltsam weggenommen wird. Männliche Kälber sterben bald darauf im Schlachthof. Und auch die Mütter werden bereits nach einem Bruchteil ihrer natürlichen Lebenserwartung getötet. Durch die Zucht auf eine unnatürlich hohe Milchproduktion sind ihre Körper nach rund 5 Jahren ausgemergelt und damit unrentabel.

Text: © Animal Rights Watch e.V. | Bilder: © Animal Rights Watch e.V.

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