Massive Gesetzesverstöße in der Schweinezucht: Behörden und Politik schauen weg

Abertausende Sauen vegetieren in dieser riesigen Zucht- und Mastanlage in Sachsen-Anhalt regelmäßig monatelang in so kleinen Käfigen, dass sie sich selbst mit angezogenen Beinen nicht in Seitenlage hinlegen können, ohne buchstäblich zwischen den Gitterstäben hervorzuquellen. Und das Pikante: Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt weiß von diesen Zuständen, ohne das den Betreibern der Anlage als Mindestes sofort die Nachzucht neuer Ferkel untersagt worden wäre.

14. Juli 2014, Sachsen-Anhalt

Die ARD-Sendung „Exclusiv im Ersten“ berichtete am 14. Juli 2014 mit aktuellem Foto- und Videomaterial von Animal Rights Watch über das systematische illegale Töten kleiner Ferkel und über schwere Verstöße gegen die Haltungsbestimmungen in zahlreichen deutschen Schweinezuchtbetrieben.

Ferkel werden systematisch erschlagen

Animal Rights Watch stellte der ARD für die Veröffentlichung am 14. Juli 2014 neues Undercover-Material aus 10 deutschen Schweinezuchten zur Verfügung. Eine davon ist eine der besonders großen Anlagen der Ex-DDR, die in den Siebzigerjahren im Zuge der Industrialisierung der Tierzucht entstanden und weiter in Betrieb sind. Mit 5.500 Sauen, 2.200 Jungsauen, 25.000 Ferkeln und 26.000 Mastschweinen ist die Anlage eine der größten europäischen Schweinezucht- und -mastbetriebe.

Neben der auch hier üblichen Tötung unrentabler Ferkel wurden zusätzlich unvorstellbar qualvolle Verstöße gegen die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) dokumentiert. Die Eklatantesten: Systematisch werden die trächtigen Sauen mit monatelanger Fristüberschreitung bewegungslos in winzigen Kastenständen fixiert. Kastenstände und Gruppenbuchten weisen flächendeckend kein Beschäftigungsmaterial und kein ständig vorhandenes sauberes Wasser für die durstigen Tiere auf. Kastenstand zu kurz Etliche der vielen Hallen sind rund um die Uhr neonhell erleuchtet – eine Methode, die bei Menschen zur Folter eingesetzt wird. Hier handelt es sich nicht allein um Ordnungsverstöße, sondern um Straftaten gegen das Tierschutzgesetz, die problemlos nach § 16a Pkt. 3 mit einem Entzug der Tierhaltungserlaubnis oder gar nach § 17 Pkt. 2b mit Freiheitsstrafe bestraft werden könnten.

Die Verstöße waren der Politik seit Monaten bekannt

Das Brisante: Die umfangreichen Verstöße gegen die TierSchNutztV sind den Behörden, der Landesregierung und dem Landtag von Sachsen-Anhalt seit Monaten bekannt. Dies geht aus der Antwort der Landesregierung vom 19.03.2014 auf eine kleine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor. Trotz dieses Wissens konnte das Unternehmen scheinbar ungehindert weitergeführt werden, ohne dass der laufende Betrieb oder wenigstens zunächst die Erzeugung weiterer Ferkel in dieses Elend behördlicherseits unterbunden wurden.

Meganlagen bestimmen den Marktstandard

Das Tierschutzgesetz trägt mit seinen schwammigen Vorgaben und den absurd vielen Ausnahmeregelungen so schon nicht zu einem Schutz der Tiere bei, der den Namen verdient. Wenn nun auch noch selbst bei den krassest denkbaren Verstößen seine Einhaltung nicht eingefordert wird, entlarven sich die Behörden vollständig als Handlanger der Tierindustrie. Durch das Nichthandeln der Behörden sparen die Betreiber sehr viel Geld. Dadurch drückt ein Betrieb dieser Größenordnung die Preise weiter nach unten und definiert den Marktstandard in der deutschen Schweinefleischproduktion auf unterstem Niveau.

Stand: 07/2014 | Text: Animal Rights Watch e.V. | Bilder: Animal Rights Watch e.V.

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