Tierschutzfilmer*innen freigesprochen
In seinem mit Spannung erwarteten Urteil hat das Oberlandesgericht Naumburg im Februar 2018 drei Rechercheaktivist*innen endgültig vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs freigesprochen. Die drei Aktiven hatten 2013 heimlich in der Schweinezucht und -mast Sandbeiendorf Videoaufnahmen vom Leid der Tiere angefertigt. Bereits im September 2016 und Oktober 2017 wurden die drei Aktiven vom Amtsgericht Haldensleben und dem Landgericht Magdeburg freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft Magdeburg hatte gegen den zweifachen Freispruch Rechtsmittel eingelegt.
22. Februar 2018, Naumburg
Das Filmen war gerechtfertigt
In seiner Begründung unterstrich der Vorsitzende Richter, der von den Vorinstanzen erkannte rechtfertigende Notstand habe angesichts untätiger staatlicher Kontrollorgane eindeutig vorgelegen. Das Handeln der Angeklagten, um dem Rechtsgut Tierschutz zur Durchsetzung zu verhelfen, sei vollauf gerechtfertigt gewesen. Die drei Aktivist*innen hatten die Anlage im Juni und Juli 2013 nachts mit dem Ziel betreten, die Zustände zu veröffentlichen und so den nötigen Druck für eine staatliche Verfolgung aufzubauen.
Für die Sauen hat sich nichts geändert
„Wir begrüßen es sehr, dass in allen drei Verhandlungen zu dieser Sache das Leid von Schweinen als gewichtiger Notstand gewertet wurde“, sagte Erasmus Müller, einer der Angeklagten. „Trotzdem macht es mich traurig, dass sich für die Tiere in der Anlage kaum etwas geändert hat. Einige Sauen, die wir 2013 dort gesehen haben, sind wahrscheinlich immer noch am Leben. Aber während ich in den letzten vier, fünf Jahren sehr viel erleben konnte, haben diese Sauen nur den immer wieder gleichen Zyklus aus Kastenstand, Gruppenhaltung, Geburt und erneut Kastenstand durchgemacht – ohne jede Aussicht auf Veränderung. All diese Tiere werden ihres Lebens beraubt.“
Gericht bestätigt Versagen der Behördenkontrollen
Das Urteil des Oberlandesgerichts bestätigt zugleich das Versagen der tierschutzrechtlichen Kontrollen durch die Veterinärbehörden. Die Kritik an dem ausdrücklichen Lob, das die Angeklagten vor dem Landgericht Magdeburg deshalb für ihr couragiertes Handeln erfahren hatten, wies der Richter abermals zurück. Niemand könne sich auf die Position zurückziehen, die Kontrolle des Tierschutzes in landwirtschaftlichen Betrieben sei Sache der Behörden, wenn diese Behörden ihre Aufgabe in der Praxis nicht erfüllten.
Dieser Fall verdeutlicht einmal mehr, dass ein bundesweites Tierschutzverbandsklagerecht dringend nötig ist. Denn nur so kann die Arbeit von Veterinärbehörden kontrolliert werden. Darüber hinaus ist solches Filmmaterial unabdingbar für einen ehrlichen gesellschaftlichen Diskurs über die Tierhaltung.
Zum Hintergrund
Stand: 10/2018 | Text: Animal Rights Watch e.V. | Bilder: Animal Rights Watch e.V. | M.studio fotolia.com
