BGH-Urteil: Recherche-Aufnahmen aus Ställen dürfen veröffentlicht werden

Im Jahr 2012 veröffentlichte der MDR heimlich erstelltes Videomaterial aus Bio-Legehennen-Anlagen der Erzeugerzusammenschluss Fürstenhof GmbH. Die Bilder wurden dem MDR von Animal Rights Watch zur Verfügung gestellt und enthüllten erschreckende Zustände. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe urteilte im April 2018, dass die Bilder ausgestrahlt werden dürfen, obwohl sie weitestgehend legale Zustände zeigen.

10. April 2018, Karlsruhe

Kahlgepickte Hühner mit ausgemergelten Körpern, entzündete eitrige Kloaken und zahlreiche tote Hühner. Die Zustände waren katastrophal – stellten aber keine Straftatbestände dar. Der Betreiber hielt sich, mit wenigen kleinen Ausnahmen, an das EG-Öko-Recht. Aus diesem Grund erwirkte Fürstenhof einen Beschluss gegen den MDR, wonach das von Aktivist*innen durch Hausfriedensbruch beschaffte Bildmaterial nicht weiter veröffentlicht werden durfte. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe urteilte heute, dass die Bilder ausgestrahlt werden dürfen, obwohl sie weitestgehend legale Zustände zeigen. Das Urteil zugunsten der Veröffentlichung ist ein wichtiges Signal für einen ehrlichen öffentlichen Diskurs über die Zustände in der Nutztierindustrie, die auch in rechtskonformen Ställen tierquälerisch sind.

Bio bedeutet auch unendliches Leid

Der Anblick der Bio-Hühner entspricht nicht dem, was sich die meisten Konsument*innen unter Bio vorstellen. Tausende Hühner in einem Stall, kahlgepickt, krank oder bereits tot. Den Tieren ergeht es kaum anders als konventionellen Legehennen. ARIWA ist der Meinung, dass jeder Mensch wissen sollte, wie es in solchen Ställen aussieht. Nur so können wir eine mündige Entscheidung darüber treffen, ob wir diese Industrie weiterhin unterstützen wollen oder eben nicht. Das sieht Fürstenhof anders. Nach der Ausstrahlung klagte das Unternehmen gegen den MDR auf Unterlassung und bekam bis zum Oberlandesgericht Hamburg Recht. Die heimlich erstellten Aufnahmen beruhten auf einem Hausfriedensbruch und zeigten größtenteils legale Zustände. Bei der Revisionsverhandlung am Bundesgerichtshof im März ließen die Karlsruher Richter jedoch erkennen, dass heimlich erstellte Bilder aus Ställen ein notwendiges Kontrastprogramm gegenüber der beschönigenden Werbung der Agrarbranche darstellen und deshalb deren Veröffentlichung rechtens sein kann.

Ein wichtiges Urteil

Das Urteil ist im Sinne des Tierschutzes, der Pressefreiheit und des Verbraucherschutzes. Das öffentliche Interesse an diesen Bildern abzustreiten, ist ein Unding. Ohne die Bilder von Recherche-Aktivist*innen blieben alle Machenschaften dieser Branche hinter dicken Mauern verborgen. Denn die Aufnahmen zeigen: Die Lebensrealität der Legehennen hat nichts mit vermeintlich glücklichen Hühnern zu tun, wie man sie in der Werbung sieht. Auch die Bedingungen in der Bio-Branche ermöglichen es Tieren nicht, ein gutes Leben zu führen oder auch nur schmerzfrei zu leben. Daher fordert ARIWA den Komplettausstieg aus der Tierhaltung und die Umstellung auf eine bio-vegane Landwirtschaft.

Bereits im Februar hat ARIWA mit einem Gerichtsurteil für Aufsehen gesorgt, als drei Aktivist*innen vom Oberlandesgericht Naumburg freigesprochen wurden, obwohl sie Filmaufnahmen durch Hausfriedensbruch erstellt hatten. Die Begründung: Da nur durch das heimliche Betreten der Ställe schwere Fälle von Tierquälerei aufgedeckt werden konnten, lag ein rechtfertigender Notstand vor.

Stand: 04/2018 | Text: Animal Rights Watch e.V. | Bilder: Animal Rights Watch e.V.

aktiv fuer tierrechte