Wie Behörden Tierquälerei ermöglichen

Regelmäßig decken Tierrechtsorganisationen wie Animal Rights Watch Zustände in der Agrarindustrie auf, die gegen geltendes Recht verstoßen. Trotz Anzeigenerstattung kann den Verantwortlichen meist nicht das Handwerk gelegt werden, selbst wenn sie deutlich über das gesetzlich legitimierte Maß der systematischen Quälerei in den Ställen hinausgehen.

5. April 2014

Wie kann das sein? ARD FAKT geht heute in einem Beitrag dieser Frage nach – und zeigt ein zahnloses, versagendes Rechtssystem in Tierschutzangelegenheiten mit Beispielen von Animal Rights Watch und SOKO Tierschutz.

Tierhaltungsstandards nicht zu erfüllen, spart bares Geld

Selbst ohne Rechtsverstöße ist das gesetzlich legitimierte Leiden der Tiere im Agrarsektor schon durchweg unerträglich. Einige Betriebe schaffen es, darüber hinaus Tierhaltungsverordnungen zu missachten: Tiere mit schlimmen Verletzungen werden nicht behandelt, die Buchten und Käfige sind noch kleiner als erlaubt oder überbelegt, mangelhafte Hygiene, mangelhafte Versorgung. Anzeigen gegen solche Betriebe werden oft eingestellt, Amtsveterinäre zeigen sich in der Regel wenig kooperativ. Die Täter dürfen, selbst wenn Behörden Mängel feststellen, in aller Regel ihren Betrieb weiter führen – und Geld mit Tierquälerei verdienen. Sie sparen mit jedem Tag, in dem sie Tierhaltungsstandards nicht erfüllen, bares Geld.

Gründe für systematisches Behördenversgen

Eine Straftat liegt unter anderem dann vor, wenn „einem Wirbeltier länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt” werden. Zur Beurteilung, ob dieser Sachverhalt vorliegt, sind die Staatsanwaltschaften auf die Einschätzungen der zuständigen Amtsveterinäre angewiesen, welche aus vielschichtigen Motivationen heraus oftmals abwiegeln: Zum einen existiert eine kommunale Nähe zwischen Veterinäramt und Betreiber, welche die Veterinäre ungewollt befangen machen kann. Zum anderen müsste sich das Veterinäramt durch eine Bejahung von Straftatbeständen Versäumnisse im eigenen Zuständigkeitsbereich attestieren. Des Weiteren verlieren Amtsveterinäre mitunter den Blick für eine objektive Einschätzung, da sie tagtäglich bei den gesetzlich legitimierten Quälereien tatenlos zusehen müssen. Dazu kommt eine hohe Arbeitsbelastung, da Veterinärämter systematisch und chronisch unterbesetzt sind. Zudem erwartet sie Gegenwehr der Betreiber, langwierige Rechtstreitigkeiten und Schadensersatzforderungen.

Auch bei Einhaltung aller Vorschriften bedeutet Tierhaltung zwangsläufig Leid

So ist das derzeitige System ungeeignet, durch Routinekontrollen oder Strafverfolgung Rechtsverstößen im Tierschutzbereich angemessen Einhalt zu gebieten. Um dies zu ändern, müssten Kontrollbehörden personell deutlich aufgestockt werden und politisch den Rücken gestärkt bekommen, wenn sie z.B. Betriebsstillegungen verfügen. Die Kontrollkosten müssten zudem von den Betrieben beglichen werden, die von der Tierhaltung profitieren und nicht wie bisher von der steuerzahlenden Gemeinschaft. Darüber hinaus muss es überregionale Veterinärbehörden geben, die als unabhängige Gutachter im Anzeigenfalle agieren und den handlungswilligen lokalen Behörden Rückendeckung geben. Zudem ist ein bundesweites Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände, wie es vor einigen Monaten in NRW eingeführt wurde, unerlässlich, damit Tierschutzverbände Verfahrensbeteiligte in Tierschutzverfahren werden können. Bisher werden die anzeigenden Organisationen nämlich weder involviert noch informiert, sondern insbesondere von den Amtsveterinären ausgegrenzt, statt mit ihnen zu kooperieren.

Mit solchen Maßnahmen könnte man dann das Leid etwas mildern, aber keineswegs abschaffen. Denn auch bei Einhaltung aller Rechtsvorschriften bedeutet Tierhaltung im Agrarbereich zwangsläufig Ausbeutung, Unfreiheit, Leid und Tod. Wer dafür nicht verantwortlich sein möchte, sollte tierische Produkte gänzlich meiden und das Thema auch im persönlichen Umfeld thematisieren.

Stand: 04/2015 | Text: Animal Rights Watch e.V. | Bilder: Animal Rights Watch e.V.

aktiv fuer tierrechte