Zuchtsauen in Kastenstand
Das Leben der „Zuchtsauen“

Fast die Hälfte ihres Lebens bewegungslos in Kastenständen eingesperrt: das ist das typische Leben einer „Zuchtsau“.

„Zuchtsauen“: Das Leben als Gebärmaschine

Weibliche Schweine, so genannte „Zuchtsauen“, produzieren die Ferkel für die Schweinemast. Sie werden in Schweinezuchten eingesperrt und leben dort unter Bedingungen, die nicht weniger grausam sind, als in der Schweinemast. Wirtschaftliche Interessen legitimieren unvorstellbare Dinge wie beispielsweise die fixierte Haltung von Sauen im Kastenstand über mehrere Wochen.

Das Leben einer „Zuchtsau“

Schweine in der Mast leben nur etwa ein halbes Jahr und werden dann im Kindesalter geschlachtet. „Zuchtsauen“ hingegen werden über viele Jahre von den spezialisierten Zuchtbetrieben „genutzt“ Eine Sau in der Schweinezucht wird mit 9 bis 10 Monaten erstmalig gedeckt. Sie trägt etwa 115 Tage (3 Monate, 3 Wochen und 3 Tage). Nach neuer Verordnung sieht das Leben dieser Tiere folgendermaßen aus: Eine Woche vor und 4 Wochen nach der Befruchtung wird das Tier im Kastenstand fixiert. In der Zeit danach bis eine Woche vor der Geburt werden die Sauen in Gruppen gehalten. Anschließend wird das Tier in einer Abferkelbox fixiert, wo es etwa 4 Wochen verbleibt, bis die Ferkel im Alter von 21 Tagen von der Mutter getrennt werden. Danach kommt die Sau wieder in den Kastenstand zur nächsten Befruchtung und der Zyklus beginnt von vorn. Nach etwa 4-5 Jahren endet das Leben der „Zuchtsau“ wegen sinkender „Wurfleistung“ im Schlachthof.

Eine erwachsene Sau darf 44 % ihres Lebens fixiert im körpergroßen Kastenstand oder der baulich ähnlichen Abferkelbucht gehalten werden. Dort kann sich das Tier nicht einmal umdrehen. Man fixiert die Tiere im Kastenstand ausschließlich deshalb, um Rauschigkeitstest, Befruchtung und Trächtigkeitsuntersuchungen möglichst einfach und damit kosteneffizient durchführen zu können.

In der anschließenden Gruppenhaltung stehen die Sauen dann in trostlosen Betonbuchten auf Spaltenböden. Durch die ständige Neubildung der Gruppen kommt es zu Stress und Rangkämpfen der Tiere untereinander. Als „Gruppenhaltung“ sind gemäß TierSchNutztV (§24.6) auch sogenannte „Fress-Liegebuchten“ zulässig. Hier sollen die Schweine selbstständig die Fress-Buchten aufsuchen und verlassen können. Diese sind bisher aber derart ausgeführt, dass Kastenstände als Fressbucht interpretiert werden und die Gänge hinter dem Kastenstand als Fläche zur Gruppenhaltung genutzt werden, indem die Kastenstände vom Betreiber tagsüber für eine gewisse (unkontrollierbare) Zeit aufgeklappt werden. Einmal geschlossen verbleibt das Schwein solange im Kastenstand, bis er manuell vom Personal wieder geöffnet wird. Diese Systeme sind seit 2013 nicht mehr als Gruppenhaltung zugelassen, werden aber oftmals noch so verwendet.

Eine Woche vor dem erwarteten Geburtstermin kommt die Sau in die Abferkelbucht. Dort verbleibt sie mitsamt Ferkeln bis 20 Tage nach der Geburt. Die Sau ist hier ähnlich wie im Kastenstand derart fixiert, dass sie sich nicht einmal umdrehen kann. Die vorgeschobene Begründung für eine solche Fixierung im sogenannten „Ferkelschutzkorb“ ist, dass diese Vorrichtung ein „Totliegen“ der Ferkel, also ein Erdrücken der Ferkel durch die Sau, verhindert werden soll. In der Praxis geschieht dies aber trotz – oder grade aufgrund – dieser Vorrichtung sehr wohl. Der wahre Grund für die Fixierung der Sau in der Abferkelbox ist nämlich der, dass die Züchter in den ersten Lebenstagen der Ferkel zur Kastration, zum Schwanz kupieren und für Impfungen an die Ferkel kommen wollen. Eine Sau würde aber Arbeiter*innen in den Zuchtanlagen nicht ohne Widerstand an ihre Ferkel lassen; insbesondere dann nicht, wenn die Ferkel entnommen und unter Qualen kastriert und kupiert werden und man ihnen ihre Eckzähne abschleift.

Zucht bedeutet Tierquälerei

In Großbritannien und Schweden sind Kastenstände verboten, in den Niederlanden ist eine Fixierung auf 4 Tage (statt 4 Wochen) nach Decktermin beschränkt, in der Schweiz sind nur Selbstfangfressliegebuchten gestattet und im Abferkelbereich muss sich die Sau frei umdrehen können. In der deutschen Praxis hingegen werden nicht einmal die geltenden Verordnungen eingehalten, da fehlende Kontrollen einen rechtsarmen Raum für die Tierindustrie bieten. Und das, obwohl bereits seit 30 Jahren geregelt ist, dass es Sauen in Kastenständen möglich sein muss, sich ungehindert und mit ausgestreckten Beinen hinzulegen. Sauenhalter*innen, Kontrollbehörden, Justiz und Politik kümmerte das bisher wenig. Und selbst, wenn alle neuen Regelungen ordnungsgemäß umgesetzt werden, bleibt das Leben der Schweine in den Zuchtbetrieben qualvoll, unwürdig und grausam.

Die anhaltende massive Tierquälerei in der Schweinezucht zeigt erneut, dass Reformen im Tierschutzrecht keine Lösung zur Abschaffung von Tierleid sind. Will man nicht, dass Tiere für den eigenen Teller leiden, bleibt jedem Einzelnen nur der Weg hin zur veganen Ernährung.

Stand: 10/2018 | Text: © Animal Rights Watch e.V. | Bilder: © Animal Rights Watch e.V. | M.studio fotolia.com

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