Systematisches Tierleid in den Ställen Deutschlands wichtigster Agrarlobbyisten
Tote Schweine, die tagelang im Stall verwesen, ein Schwein, das von Artgenossen lebendig aufgefressen wird, Puten mit handtellergroßen offenen Wunden, am Boden zerschmetterte Ferkel, Hühner mit eitertriefenden Kloaken – so sieht es in den Ställen 12 bedeutender deutscher Tierproduktionslobbyisten aus. Das umfangreiche Videomaterial beweist, dass es sich bei den Tierhaltungs-Skandalen der letzten Jahre keineswegs um Einzelfälle handelt.
22. September 2016
ARD Panorama berichtete am 22. September 2016 mit einer kleinen Auswahl des umfassenden Videomaterials.
Umfangreichste deutsche Langzeitrecherche
Seit Juni 2014 haben Undercover-Filmteams in der bisher umfangreichsten deutschen Langzeitrecherche nachts heimlich – teilweise mehrmals innerhalb eines Jahres – in 12 Schweine-, Puten- und Hühneranlagen gefilmt. Das Brisante: Hochkarätige Lobbyvertreter der Agrarindustrie zeichnen für den Betrieb der Anlagen und den Zustand der Tiere verantwortlich. Als Präsidenten, Aufsichtsräte, Vorsitzende und Vorstände in Bauernverbänden, in zentralen Verbänden der Schweineproduktion und der Geflügelwirtschaft, sowie in führenden Konzernen der Tierproduktion werben sie für das Milliarden-Geschäft mit der Tierhaltung, betreiben unverhohlene Politik für die Interessen der Agrargroßkonzerne und leugnen die grausame Realität der deutschen Tierhaltung seit Jahren aus rein wirtschaftlichem Eigeninteresse.
Keine Einzelfälle und schwarze Schafe
Das Bildmaterial bildet das gesamte Spektrum der Zustände in der deutschen Tierhaltung ab, wie alle mit der Branche Beschäftigten es schon lange kennen. Von legalen Haltungsbedingungen, in denen gesetzeskonform gelitten wird, bis hin zu den üblichen tierschutzrechtlichen Verstößen, darunter auch eindeutigen Straftaten: Wenn führende Vertreter einer Branche ihre Tiere so halten, sagt das sehr viel über den generellen Zustand in Deutschlands Ställen aus.
In der Vergangenheit redeten Vertreter von Landwirtschaftsverbänden wie dem Deutschen Bauernverband oder dem Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft immer wieder von Einzelfällen und schwarzen Schafen, wenn neue Missstände an die Öffentlichkeit gelangten. Mit dem neuen Bildmaterial dürften sie in Erklärungsnot geraten.
So sieht die moderne Tierhaltung aus
Kranke, zu tausenden in enge Ställe eingesperrte Tiere, immenser Gestank, zugekotete Böden, monatelange Monotonie, Qualzucht auf unnatürlichen Fleischansatz, hohe Lege- und Milchleistung, keine Möglichkeit zur Ausbildung funktionierender Sozialbeziehungen und artgemäßer Verhaltensweisen, Trennung von Mutter und Kind teils direkt nach der Geburt und ein brutaler Tod nach einem äußerst kurzen Leben – so sieht die moderne Tierhaltung aus.
Dabei ist das System keineswegs alternativlos. Landwirt*innen können ihr Geld mit der Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen pflanzlichen Lebensmitteln verdienen. Die Politik kann Tierhaltungssubventionen stoppen und den bio-veganen Landbau fördern. Und wir alle können uns lecker und gesund rein pflanzlich ernähren. So können wir gemeinsam an einer Gesellschaft arbeiten, die unseren heutigen moralischen Werten entspricht. Und dem verständlichen Wunsch der Bäuerinnen und Bauern nachkommen, nicht stets aufs Neue Buhmänner der Nation zu sein, sondern die Anerkennung zu bekommen, die sie für unser aller Ernährung eigentlich verdienen.
Die Reaktionen im Überblick
Stand: 09/2016 | Text: Animal Rights Watch e.V. | Bilder: Animal Rights Watch e.V.
