Eingezwängte Sauen, totgeschlagene Ferkel: Alltag in der Schweinezucht

Animal Rights Watch (ARIWA) veröffentlicht aktuelles Videomaterial aus einer Schweinezucht in Brandenburg. Auch hier werden Sauen für die „Ferkelproduktion“ jahrelang in körpergroßen Metallkäfigen und trostlosen Betonbuchten eingesperrt. Ferkel werden brutal umgebracht, weil sich ihre Aufzucht nicht rentiert. Dabei handelt es sich nicht um einen Einzelfall, sondern um den gängigen Standard in der Schweinezucht.

03. Februar 2020

Spiegel TV berichtet am 3. Februar.

Jahrelanges, qualvolles Dahinvegetieren

ARIWA deckt seit Jahren regelmäßig die schockierende Normalität in deutschen Schweinezuchtanlagen auf. Auch in dieser Brandenburger Schweinezucht werden circa 3.500 Sauen für die „Ferkelproduktion“ abwechselnd in Kastenständen – in denen die Sauen nahezu bewegungsunfähig fixiert sind –, trostlosen Beton-Gruppenbuchten und körperengen Abferkelgittern eingesperrt. Ein jahrelanges, qualvolles Dahinvegetieren, das man sich kaum vorstellen mag. Die Tiere haben nie die Möglichkeit, sich um ihre Kinder zu kümmern oder ihre grundlegendsten Bedürfnisse nach Nestbau, Bewegung oder Sozialkontakt zu erfüllen.

Der gleiche Horror-Zyklus seit sechs Jahren

Dem Kamerateam fiel im Speziellen eine Sau auf, die diesen Zyklus bereits seit 2014 immer wieder aufs Neue erlebt. Dies ist eine Ausnahme: Die durchschnittliche „Nutzungsdauer“ von Mutterschweinen in der Tierindustrie liegt bei zwei Jahren. Diese Sau hat mindestens schon 14 Mal ohne Unterbrechung den qualvollen Weg von der Zwangsschwängerung bis zur Wegnahme ihrer Ferkel durchlaufen und überlebt. Aber kann man das wirklich ein Leben nennen?

Jährlich werden allein in Deutschland fast eine Million Sauen „entsorgt“, zum Beispiel weil sie nicht mehr fruchtbar genug sind. Oft sterben die Sauen auch schon in den Zuchtanlagen. Hier führte eine Blutspur vom Abferkelbereich bis auf den Hof der Anlage. Dort wurden zwei tote Sauen gefunden, eine wahrscheinlich mit einem Gebärmuttervorfall.

Kleine Ferkel werden weiter brutal getötet

Auch das systematische Erschlagen von Ferkeln wurde im aktuellen Fall einmal mehr dokumentiert. Wie hier zeigen versteckte Kameras diese brutale Praxis seit 2013 regelmäßig in deutschen Anlagen. Der Grund: Kleinere, schwächere Ferkel benötigen mehr Betreuung, um die ersten Tage zu überleben. Weil sich das aber für die Betreiber nicht rechnet, werden sie aussortiert und an Boden, Wänden oder Kanten totgeschlagen. Dabei wären die meisten Tiere durchaus überlebensfähig.

Wir fordern den Ausstieg aus der Tierproduktion

Trotz zahlreicher Aufdeckungen über die tierquälerischen Zustände in deutschen Schweinezuchten ändert sich nichts Grundlegendes am Umgang mit den Tieren. Politik und Wirtschaft haben kein Interesse daran, die allgegenwärtige Tierquälerei zu beenden. Agrarministerin Julia Klöckner bedient mit ihrer Politik allein die Interessen der Landwirtschaftslobby. Nach ihrem Willen sollen illegal enge Kastenstände – wie sie auch in dieser Schweinezucht gefunden wurden – über eine Neuregelung der Kastenstandhaltung nachträglich legalisiert werden. Der Bundesrat stimmt am 13. März über den Verordnungsentwurf des Bundeslandwirtschaftsministeriums ab.

Die Schweinezucht ist nur ein Beispiel für das unermessliche Leid, das Tiere überall in der Tierindustrie durchleben: Würde das Verfassungsziel Tierschutz wirklich ernst genommen, dürfte es diese Branche überhaupt nicht geben – zumal kein Mensch wirklich Tierprodukte braucht. (Dass die Tierindustrie Tierleid am laufenden Band produziert, zeigt auch die Webiste www.tierschutz-skandale.de.) ARIWA fordert daher einen Komplettausstieg aus der Tierproduktion und stattdessen die Förderung pflanzlicher Lebensmittel sowie des bio-veganen Landbaus. Nur so können wir wirklich verhindern, dass Abermillionen Tiere für uns Menschen sinnlos leiden.

Nachtrag 14. Juni 2021: Ermittlungen gegen Geldstrafe eingestellt

Mehr als ein Jahr nach unserer Anzeige wurde das Ermittlungsverfahren gegen die Zahlung einer vierstelligen Geldstrafe eingestellt, weil „das öffentliche Interesse sowie die Schwere der Schuld einer Einstellung des Verfahrens nicht entgegenstehen”. Gemessen daran, dass Anzeigen wegen tierquälerischer Praktiken in der Tierindustrie sonst fast immer folgenlos bleiben, muss dieser Ausgang leider als „Erfolg“ angesehen werden. Die Videoaufnahmen sprechen allerdings eine andere Sprache.

Nachtrag Juli 2022: über 450 tote Tiere bei Waldbrand

Am 25. Juli griff ein Waldbrand bei Rehfelde auf die Schweinezucht über. Mehrere Stallgebäude brannten ab, mehr als 450 Tiere erstickten oder verbrannten bei lebendigem Leibe.

Stand: 08/2022 | Text: © Animal Rights Watch e.V. | Bilder: © Animal Rights Watch e.V.

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