
Umwelt und Tierproduktion
Eine der Hauptursachen für Klimawandel, Hunger, Wasserknappheit und Umweltzerstörung ist die Aufzucht und Haltung von Milliarden sogenannter „Nutztiere“.
Fleisch frisst die Welt
Klimawandel, Hunger, Wasserknappheit und Umweltzerstörung – was haben diese weltweiten Probleme gemeinsam? Nun, eine ihrer jeweiligen Hauptursachen ist die Aufzucht und Haltung von Milliarden sogenannter „Nutztiere“ für die Fleisch-, Milch- und Eierproduktion.
Futter statt Lebensmittel
Bei der Herstellung von Fleisch, Milch und Eiern wird gerne von „Veredelung“ gesprochen. „Verschwendung“ wäre jedoch richtiger. Denn der Einsatz von Ressourcen wie Wasser, Energie, Land und Getreide für die Herstellung von tierlichen Nahrungsmitteln ist hochgradig ineffizient. Zur Herstellung einer Nahrungskalorie in Form von Fleisch etwa müssen je nach Tierart bis zu 30 Kalorien an pflanzlicher Nahrung verfüttert werden. Der größte Teil der Nahrungsenergie geht dabei über den tierlichen Stoffwechsel verloren, beim Rind zum Beispiel über 90 %. Ohne diesen verschwenderischen Umweg könnten mit der gleichen Menge Soja und Getreide also rund zehn Mal so viele Menschen ernährt werden.
Die globalen Folgen des Fleischkonsums
95 % der Weltsojaernte und mehr als die Hälfte des angebauten Getreides werden heute als Futtermittel verbraucht. Auch Deutschland importiert riesige Mengen Futtergetreide aus Staaten, in denen Menschen verhungern. Denn die wachsende Nachfrage der Tierindustrie treibt die Getreidepreise weltweit in die Höhe – mit der Folge, dass sich arme Menschen Getreide als Grundnahrungsmittel nicht mehr leisten können. Mehr als 800 Millionen Menschen leiden an Unterernährung, jede Minute sterben 11 Kinder an Hunger. Und der Wahnsinn geht weiter: Nachdem sich der globale Fleischkonsum von 1961 bis 2009 bereits mehr als vervierfacht hat, soll er sich laut der Welternährungsorganisation FAO bis 2050 noch einmal verdoppeln. Mit unabsehbaren Folgen für Menschen, Tiere und das Ökosystem Erde.
Regenwaldvernichtung für die Tierindustrie
Fast 80 % der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche dienen heute schon als Futteranbau- und Weidefläche. Und der Bedarf wächst. In den letzten 40 Jahren wurden deshalb allein in Mittelamerika 40 % des Regenwalds für Weideflächen sowie für den Anbau von Soja und anderen Futtermitteln vernichtet. Weltweit gehen Jahr für Jahr rund 325.000 Quadratkilometer Regenwald unwiederbringlich verloren – eine Fläche, annähernd so groß wie die Bundesrepublik. Die Zerstörung der „grünen Lunge“ unseres Planeten beschleu-nigt den Klimawandel und das weltweite Artensterben, führt zur Vertreibung einheimischer Stämme aus ihrer Heimat sowie zu Sklaverei und Landraub durch die großen Sojaindustriellen vor Ort.
Gigantischer Wasserverbrauch
Die „Nutztier“-Haltung verschwendet nicht nur Land und Lebensmittel, sondern auch riesige Mengen an Trinkwasser. Für die Herstellung eines einzigen Kilogramms Fleisch wird mehr Wasser aufgewendet, als jeder Einzelne von uns in einem Jahr zum Duschen verbraucht, und ein Vielfaches mehr als für die entsprechende Menge an Getreide oder Gemüse. Gleichzeitig leiden nach Angaben der UNESCO schon heute mehr als zwei Milliarden Menschen unter Engpässen in der Wasserversorgung. Mehr als eine Milliarde haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser.
„Die Weltlandwirtschaft könnte ohne Probleme 12 Milliarden Menschen ernähren. Das heißt, ein Kind, das heute an Hunger stirbt, wird ermordet.“
Jean Ziegler (UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung)
Umweltschädlicher als Autos und Fabriken
Eine mittelgroße Schweinemastanlage erzeugt so viele Exkremente wie eine 10.000-Einwohner-Stadt. Die Gülle aus der Tierproduktion sickert in die Böden und vergiftet das Grundwasser, unter anderem mit Nitraten und Phosphaten. Sie setzt zudem gefährliche Gase in die Atmosphäre frei, darunter Stickstoff in Form von Ammoniak, der heute als Hauptursache des Waldsterbens gilt. Schon 1992 stellte eine Untersuchungskommission des Deutschen Bundestages fest, dass Ammoniak-Emissionen „zu 90 % der Landwirtschaft und hier zu 80 % der Tierhaltung zuzuordnen“ sind. „Ammoniakgase aus den Ställen schaden dem Land mehr als alle Automobile und Fabriken“, so auch das Fazit des niederländischen Instituts für Gesundheit und Umweltschutz.
Tierprodukte heizen das Klima auf
Laut FAO erzeugt der „Nutztier“-Sektor rund 15 % aller weltweiten Treibhausgase – mehr als der gesamte Straßen-, Schienen-, Luft- und Schiffsverkehr. Die Herstellung von einem Kilogramm brasilianischem Rindfleisch verursacht so viel CO2 wie eine Autofahrt von 1600 Kilometern. Folgen dieser Emissionen sind die Erwärmung der Atmosphäre und der Weltmeere, das Abtauen der Polkappen und Permafrostregionen sowie die Zunahme extremer Wetterereignisse. Neben CO2 verursacht die landwirtschaftliche Tierhaltung viele weitere Gase, deren Treibhauswirkung noch höher ist. Ihr Anteil an den weltweiten Emissionen beträgt 65 % bei Stickoxiden (296-mal schädlicher als CO2), 37 % bei Methan (23-mal schädlicher) und 64 % bei Ammoniak. Allein das Methan, das die 1,4 Milliarden Rinder jedes Jahr bei der Verdauung produzieren, heizt die Atmosphäre so sehr auf wie 2 Milliarden Tonnen CO2.
„Tierzucht ist einer der größten Verantwortlichen für die heutigen Umweltprobleme. Wir müssen dringend etwas tun, um dem Abhilfe zu schaffen.“
Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO)
„Essen Sie Gemüse!“
Erste Regierungen ziehen aus alldem inzwischen Konsequenzen. Die Niederlande haben Schweinemästern bereits hunderte Millionen Euro an Steuergeldern gezahlt, damit diese ihre Tierhaltungen im Land aufgeben. Die Böden konnten die riesigen Güllemengen nicht mehr aufnehmen. Rund 20 deutsche Städte von Aachen bis Würzburg sind dem Beispiel der belgischen Stadt Gent gefolgt und haben einen „Veggietag“ pro Woche ausgerufen, an dem öffentliche Küchen und Kantinen ausschließlich fleischfreie Gerichte zubereiten und auch viele Restaurants tierfreie Speisekarten anbieten. Und die EU-Kommission gibt zum Thema Klimawandel eine ebenso klare wie einfache Empfehlung: „Essen Sie Gemüse! Die Fleischproduktion ist sowohl CO2- als auch methanintensiv und erfordert große Mengen Wasser.“
Stand: 08/2019 | Text: © Animal Rights Watch e.V. | Bilder: © Animal Rights Watch e.V., Marco Molitor
